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veröffentlicht am Freitag, 15.05.2015 23.05 Uhr

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Mike Egger (r.) gibt den Inhalt vor, Dominique Baumgartner reimt, komponiert, singt und spielt.

Mike Egger (r.) gibt den Inhalt vor, Dominique Baumgartner reimt, komponiert, singt und spielt. (Seraina Hess)

 

Seraina Hess

 

SVP-Nationalratskandidat Mike Egger und Parteikollege Dominique Baumgartner suchten nach einer Wahlkampfaktion, die junge Wähler anspricht. Entstanden sind Lieder mit eingängigen Melodien und überspitzten Parolen.

BERNECK. Dominique Baumgartner platziert die Sony-Digitalkamera auf dem Bücherregal vor dem Bett seines Gästezimmers in Hinterforst. Dann nimmt er die Gitarre, setzt sich hin und beginnt zu singen. Über die «Linken», die «unsere Steuern zum Explodieren bringen», über «Grundeinkommen, Zwölf-zu-Eins, Mindestlohn, Erbschaftssteuer oder irgendein Scheiss».

Seit Anfang April ist dieses Video unter dem Namen «Bürgerlich» auf dem YouTube-Kanal des Bernecker Nationalratskandidaten Mike Egger zu sehen, genannt MikeEggerTV. Inzwischen wurde der Clip über 2000-mal angeklickt. Die Tonqualität ist mässig, die Aufnahme unscharf, der Hintergrund trist – doch das schade der Wahlkampf-Kampagne nicht, sagt der 22-Jährige: «Wir wollen, dass das Video ehrlich rüberkommt und nicht künstlich auf ein hohes Niveau gehoben wird. Ausserdem ist unser Wahlkampfbudget begrenzt.»

 

«Unreflektierte Ressentiments»

Die Idee, bis zu den Nationalratswahlen im Oktober Songs mit SVP-Parolen aufzunehmen und im Internet zu verbreiten, entstand an der ersten Wahlstabssitzung im März. Dominique Baumgartner, bis vor kurzem im Vorstand der Jungen SVP St. Gallen, reimte noch am selben Abend die ersten Zeilen und notierte sich die Akkordfolge. Der 30-Jährige hat zwar keine musikalische Ausbildung – da er aber einer Lehrerfamilie entstammt und heute selbst unterrichtet, hat er seit jeher einen Bezug zur Musik. Und auch mit der SVP verbindet ihn viel: «Mike gibt mir die Richtung vor, in die der Songtext gehen soll. Danach lässt er mir freie Hand, da unsere Ansichten zu 95 Prozent übereinstimmen.» Ziel der beiden Parteikollegen ist, bis zu den Wahlen jeden Monat ein neues Video zu veröffentlichen. Das nächste Lied soll Bezug auf die Abstimmung im Juni nehmen. Egger und Baumgartner wollen damit auffallen und möglichst viele junge Wähler ansprechen. Egger sagt: «Die Videos regen zum Nachdenken an – gleichzeitig kann man über den Inhalt schmunzeln.»

Es schmunzeln jedoch längst nicht alle. Während die SVP Kanton Solothurn zum «tollen Ohrwurm» gratulierte, schrieb ein anderer User in die Kommentarspalte, das Lied sei voll von «unreflektierten Ressentiments und polemischer Panikmache».

 

Satire oder ernst gemeint?

Zu Kommentaren von Kritikern sagt Egger nicht viel. «Auf Social-Media-Plattformen wird halt immer viel geschrieben.» Ausserdem dürfe Satire alles, sagt Egger – und widerspricht sich damit selbst. Handelt es sich nun um Satire oder ist ihm ernst, wenn Baumgartner in seinem Namen Paarreime über «gfrässige» Sozialhilfebezüger und «mässige» Integration singt? «Die Texte entsprechen schon unserer Meinung», sagt Egger, «doch man darf sich als Politiker nicht zu ernst nehmen. Und genauso ist es mit den Songs.»

Ausserdem habe er für sein Wahlkampfprojekt schon mehr Lob als Kritik erhalten, beispielsweise von den Grünliberalen oder den Jungfreisinnigen, berichtet Egger. Auch die Reaktionen aus den eigenen Reihen seien durchwegs gut. Werner Heule, Präsident der SVP Rheintal, sagt: «Die Jungen teilen sich ihrer Wählerschaft eben anders mit. Für unsere Partei kann eine solche Aktion nur gut sein.» Oder Nationalrat Lukas Reimann: «Jede Aktion hat ihre Kritiker, aber als junge Partei darf man sich herausnehmen, frech zu sein und etwas zu wagen.»

 

Mike, «dä bodeständig Maa»

Ende April haben Mike Egger und Dominique Baumgartner bereits das dritte Video hochgeladen. Mit knapp 4500 Klicks wurde es am meisten angesehen. In diesem Song treten drei weitere singende Jung-SVPler auf und fordern von den Zuschauern, Egger im Oktober beide Stimmen zu geben. Fast wütend schlägt Baumgartner in die Saiten seiner Gitarre und singt vom bedenklichen Ausmass der Migration, verstopften Zügen und Autobahnen oder vom weltweit drohenden Islamismus.

Die Lösung für all diese Probleme ist ihm zufolge zum Greifen nah und offenbart sich im Refrain, der beinahe zum Mitklatschen und -schunkeln anregt: «Wetsch en volksnöche Maa im Parlament z'Bern ha: Lischteplatz 08.06 Egger Mike!»

Auf dem Klosterplatz ist die Belichtung diesmal um einiges besser als im Gästezimmer Baumgartners. Dafür lassen die verwackelten Aufnahmen darauf schliessen, dass ein Stativ nicht im Wahlkampf-Budget lag.

 

    

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